Befehl oder nicht Befehl

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ClaudiaRothenbach
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Befehl oder nicht Befehl

Postby ClaudiaRothenbach » 1 decade 1 year ago (Sun Jan 01, 2012 11:29 am)

Es war wieder Märchenstunde in DIE WELT:
http://www.welt.de/kultur/history/article13759672/Hitler-gab-nicht-den-Befehl-zum-Holocaust.html

Sven Felix Kellerhoff baut einen Pappkameraden und erschießt ihn dann: Für Leugner des Holocaust ist das ein entscheidendes „Argument“. Nämlich: "den [nicht existierenden] einen schriftlichen Befehl Adolf Hitlers, mit dem das Jahrhundertverbrechen angeordnet worden ist."

Also Leute: Wir können einpacken. E gibt nun leider kein Argument gg den Holocau$t mehr.

Hitler gab nicht "den" Befehl zum Holocaust
Lange haben Historiker erfolglos nach Hitlers Weisung für den Völkermord gesucht. Es gab sie nicht, weil sie im System des Dritten Reiches nicht notwendig war.
Am nationalsozialistischen Völkermord gibt es nichts zu zweifeln. Nachweislich haben im Zweiten Weltkrieg mindestens 5,29 Millionen europäische Juden ihr Leben verloren, eher 6,1 Millionen. Die meisten von ihnen stammten aus Polen, der damaligen Sowjetunion und Ungarn, die übrigen aus allen anderen Ländern, die von der Wehrmacht besetzt waren. Auch rund 160.000 deutsche Juden gehörten dazu.

Obwohl diese Tatsachen unverrückbar feststehen, gibt es eines nicht: den einen schriftlichen Befehl Adolf Hitlers, mit dem das Jahrhundertverbrechen angeordnet worden ist. In keiner Akte ist dieses Dokument aufgetaucht, es gibt kein Zitat daraus und nicht einmal halbwegs verlässliche Zeugenaussagen, wann diese Weisung ergangen sein soll.

Entscheidendes Argument für Leugner

Für Leugner des Holocaust ist das ein entscheidendes „Argument“. Sie behaupten, in einem so von Personenkult und persönlicher Herrschaft bestimmten Staat wie dem Dritten Reich sei es undenkbar, dass ohne einen Befehl des „Führers und Reichskanzlers“ eine Aktion wie der Massenmord an Europas Juden hätte umgesetzt werden können.

In zahllosen Varianten haben selbsternannte „Experten“ wie Robert Faurisson, Wilhelm Stäglich, David Irving und viele andere den fehlenden Hitler-Befehl als Beweis dafür angeführt, dass es den Holocaust nicht oder jedenfalls nicht als zentral angeordnete und durchgeführte Maßnahme gegeben habe. Zeitweise setzten amerikanische Rechtsextremisten sogar eine „Prämie“ aus für die „Beibringung“ von Hitlers schriftlicher Weisung für den Holocaust.

Thesen seriöser Historiker

Solchen Geschichtsmanipulatoren spielten ungewollt seriöse Historiker in die Hände, die eigentlich nur den Zeitpunkt für Hitlers angenommenen zentralen Befehl für den Holocaust ermitteln wollten. So stellte der Weltkriegs-Experte Christian Gerlach die These auf, genau am 12. Dezember 1941 habe Hitler entschieden, die europäischen Juden restlos zu vernichten – nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. und der anschließenden Kriegserklärung Deutschlands an die USA am 11. Dezember. Bei einem Treffen mit Heinrich Himmler eine Woche später sei der eigentliche Befehl ergangen. Der SS-Chef vermerkte dazu in seinem Tageskalender: „Judenfrage / als Partisanen auszurotten“.

Dagegen stellte Tobias Jersak 1999 die viel beachtete These auf, die Entscheidung zum Völkermord sei Hitlers Reaktion auf die „Atlantik-Charta“ von August 1941: „Judenvernichtung und geopolitische Strategie waren die beiden Schalen derselben Waage." Allerdings hielt seine Argumentation der kritischen Überprüfung durch Holocaust-Experten nicht stand, denn Jersaks Interpretation passte nicht zur schrittweisen, ja tastenden Vorgehensweise des SS-Apparates bei der Umsetzung des angeblich zentral angeordneten Massenmordes.

Etwa zwei Dutzend unterschiedliche Antworten auf die Frage, wann und warum denn genau Hitler den Befehl zum Holocaust gegeben habe, lassen sich unterscheiden. Am weitesten zurück ging wohl die Interpretation der israelischen Historikerin Lucy Dawidowicz, derzufolge Hitler den Massenmord seit seiner Zeit in Linz 1905 bis 1907 vorgehabt habe. Eberhard Jäckels nahm an, der Holocaust sei „Hitlers ältestes Ziel“ gewesen, das er seit 1919 konsequent verfolgt habe.

Andere Forscher glauben, in Hitlers berüchtigter Reichstagsrede vom 30. Januar 1939 den entscheidenden Zeitpunkt identifiziert zu haben: „Wenn es dem internationalen Finanzjudentum ... gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis ... die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa“ sein, hatte der „Führer“ damals gesagt – und gerade dieses Zitat wurde in allen deutschen Wochenschauen, in Propagandafilmen wie „Der ewige Jude“ und sogar auf den weit verbreiteten Wochensprüchen der NSDAP immer wieder aufgegriffen.

"Wer redet noch von den Armeniern?"

Auch ein ungesichertes Zitat vom 22. August 1939 wird als Argument herangezogen. An diesem Tag soll Hitler seine Generäle auf dem Obersalzberg gefragt haben: „Wer redet denn heute noch von der Vernichtung der Armenier?“ Das sei ein Hinweis auf seinen Willen, im Schatten des Krieges seinen rassistischen Wahn zu verwirklichen. Und es gab ja wirklich die ersten Massenmorde wenig später im eben erst besetzten Polen.

Zahlreich sind die Varianten, die sich auf das Frühjahr 1941 beziehen und damit auf den Zeitpunkt, zu dem Hitler den Angriff auf die Sowjetunion befahl. Tatsächlich begann zeitgleich mit dem „Unternehmen Barbarossa“ die massenhafte Erschießung sowjetischer Juden hinter der deutschen Front. Ihren ersten Höhepunkt erreichte diese Mordpraxis Ende September 1941, als über 33.000 Menschen bei Kiew erschossen wurden.

Noch häufiger findet sich die Annahme, Hitler habe den Holocaust entweder vor Freude über den siegreichen Vormarsch der Wehrmacht im Frühherbst 1941 angeordnet oder im Gegenteil als Reaktion auf das Steckenbleiben des „Blitzkrieges“ Ende November 1941 vor Moskau.

Alle diese Interpretationen haben jedoch den gleichen Nachteil: Die inzwischen gut erforschte unmittelbare Vorgeschichte des Holocaust passt nicht zur Annahme eines zentralen Befehls. Denn im zweiten Halbjahr 1941 gab es in verschiedenen Einrichtungen des Dritten Reiches und des Besatzungsapparates Entwicklungen, die schließlich in den Holocaust mündeten.

So schrieb schon am 16. Juli 1941 der Posener SD-Offizier Rolf-Heinz Höppner in einem Brief an Adolf Eichmann: „Es besteht in diesem Winter die Gefahr, dass die Juden nicht mehr sämtlich ernährt werden können. Es ist ernsthaft zu erwägen, ob es nicht die humanste Lösung ist, die Juden, soweit sie nicht arbeitseinsatzfähig sind, durch irgendein schnell wirkendes Mittel zu erledigen. Auf jeden Fall wäre dies angenehmer, als sie verhungern zu lassen.“ Massenmord als „humane Lösung“ – das war die nationalsozialistische Logik.

Im August 1941 standen plötzlich die Vergasungsspezialisten der „Aktion T4“, also der tausendfachen Vernichtung an vermeintlich „lebensunwertem Leben“, nach der überraschenden Unterbrechung dieses Krankenmordes „arbeitslos“ da. Rasch wurden sie ins besetzte Polen abgeordnet und begannen im November 1941 in Belzec mit dem Aufbau des ersten von insgesamt drei Mordfabriken für polnische Juden.

Morden mit Verbrennungsmotoren

Am 8. Dezember 1941 nahm dann auf Betreiben des NSDAP-Gauleiters Arthur Greiser in dem polnischen Ort Chelmno, nun „Kulmhof“ genannt, die erste stationäre Vergasungseinrichtung ihre mörderische „Arbeit“ auf. Hier wurden wie in Belzec Abgase aus Verbrennungsmotoren zum Morden verwendet.

Die erste „Probevergasung“ mit dem Blausäure-Produkt „Zyklon B“ in Auschwitz erfolgte entweder Anfang September oder Anfang Dezember 1941; der genaue Zeitpunkt ist in der Forschung umstritten. Im Oktober begannen die Deportationen deutscher Juden „in den Osten“, zunächst noch in Ghettos. Doch schon am 25. November 1941 kam es zum ersten unterschiedslosen Mord an Menschen aus Berlin, Wien, München und Frankfurt am Main: Der SS-Offizier Karl Jäger hatte in Kaunas nicht genügend „Platz schaffen“ können im Ghetto – also ließ er rund 2500 unerwartet ankommende deutsche Juden eben erschießen.

Für diese Eigenmächtigkeit allerdings rügte Himmler seinen sonst für seine Effizienz beim Morden gelobten Untergebenen Jäger und einen weiteren hohen SS-Offizier, der Ähnliches in Riga angeordnet hatte. Erst ab Februar 1942 wurde der Holocaust dann tatsächlich zentral organisiert, von Adolf Eichmanns Gestapo-Referat IV B 4 aus. Mit der berühmt-berüchtigten Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942 hatte das freilich auch nicht viel zu tun.

Diese und viele weitere einzelne Ereignisse zeigen deutlich, dass der Holocaust nicht auf eine zentrale Weisung Hitlers zurückging, sondern sich zwischen Sommer 1941 und Frühjahr 1942 schrittweise entwickelte. Als wohl erster hat darauf schon Mitte der Siebzigerjahre der Bochumer Historiker Hans Mommsen hingewiesen, der wichtigste NS-Spezialist seiner Generation. Zwar habe Hitler ohne Zweifel gewusst und gebilligt, was zunächst im besetzten Polen und der westlichen Sowjetunion geschah. Jedoch überließ er wie auch fast immer sonst die Initiativen unteren Ebenen.

Hitlers polykratische Herrschaft

Das hatte nichts damit zu tun, dass der Diktator nicht formal Verantwortung für die Verbrechen übernehmen wollte. Vielmehr entsprach es ohnehin seinem Herrschaftsstil, den Dingen ihren Lauf zu lassen und Entscheidungen nur dann zu fällen, wenn unterschiedliche Interessen das unausweichlich erscheinen ließen. Genau nach diesem, in der Fachsprache der Geschichtswissenschaft „polykratisch“ genannten Prinzip funktionierte das gesamte Dritte Reich von 1933 bis 1945.

Deshalb brauchte es gar keine Hitler-Weisung, um den Massenmord umzusetzen – das geschah aufgrund von regionalen Initiativen der SS und (vor allem im besetzten Jugoslawien) der Wehrmacht. An der zentralen Rolle des Diktators ändert das nichts, denn ohne die von höchster Seite stets signalisierte Zustimmung zur Menschenvernichtung wären die mittleren Befehlshaber vor Ort wohl nicht darauf gekommen, ihr grausames Geschäft bis zur äußersten Konsequenz zu treiben. Jede Suche nach dem einen Hitler-Befehl wird also erfolglos bleiben: Es hat ein solches Papier niemals gegeben, es war gar nicht nötig.
"Everything has already been said, but not yet by everyone." - Karl Valentin

neugierig
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Re: Befehl oder nicht Befehl

Postby neugierig » 1 decade 1 year ago (Wed Jan 04, 2012 1:28 pm)

Hallo Claudia, und ein gute neues Jahr!

Den Artikel habe ich auch mit Erstaunen gelesen, ein Kellerhoff Klassiker, eine Bankrotterklärung. Gerlach behauptet das Hitler den Befehl am 12. Dezember 1941 gegeben haben soll.
http://www.holocaust-history.org/decemb ... x-de.shtml

Der Artikel ist von dem Nestbeschmutzer Götz Aly, er schreibt zum Anfang fast das selbe wie Kellerhoff:
„Lange haben Historiker nach dem Befehl zur Judenvernichtung gesucht oder - sofern sie eine "Führer-Weisung" ausschlossen - nach anderen zentralen Dokumenten. Das Protokoll der Wannsee-Konferenz schied aus. Hier hatten sich Männer der zweiten Garnitur eingefunden, hier wurde nicht vom Befehl, wohl aber von einer "Genehmigung" Hitlers gesprochen. Dem Treffen war eine - wie immer geartete - übergeordnete Einigung vorausgegangen. Wenigstens mußten sich dokumentarische Anhaltspunkte finden lassen, die plausible Rückschlüsse auf Ort, Zeitpunkt und personelle Zusammensetzung einer solchen Besprechung erlaubten. Die Recherchen liefen ins Leere.“

Der Aly schmeißt sogar das Wannsee Protokoll weg, so was aber auch! Und wenn das so ist mit dem Wannsee Ding, warum fährt man immer noch Schulklassen durch das Haus und lügt die Schüler voll? Das ganze ist nur noch peinlich, eine Änderung nach der anderen aber wer Zweifel äußert wird eingelocht.
Lügen habe viele Versionen, die Wahrheit nur eine.

Wilf

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ClaudiaRothenbach
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Re: Befehl oder nicht Befehl

Postby ClaudiaRothenbach » 1 decade 1 year ago (Sun Jan 08, 2012 3:19 pm)

Ebenso frohes neues Jahr!
"Mensch Holocau$t, wie haste Dir vaändatt!"
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spöke
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Re: Befehl oder nicht Befehl

Postby spöke » 1 decade 1 year ago (Wed May 02, 2012 6:52 pm)

Wannsee Protokoll

http://histor.ws/seppdepp/004.htm
generell ist diese HP spitze..
http://histor.ws/seppdepp/index.htm

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Hektor
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Re: Befehl oder nicht Befehl

Postby Hektor » 4 years 7 months ago (Sat Oct 27, 2018 7:56 am)

ClaudiaRothenbach wrote:Es war wieder Märchenstunde in DIE WELT:
http://www.welt.de/kultur/history/article13759672/Hitler-gab-nicht-den-Befehl-zum-Holocaust.html
... Bei einem Treffen mit Heinrich Himmler eine Woche später sei der eigentliche Befehl ergangen. Der SS-Chef vermerkte dazu in seinem Tageskalender: „Judenfrage / als Partisanen auszurotten“. .....


I guess it's about this document.
Image
The "as partisans to be eradicated" (als Partisanen auszurotten) seems to be a later addition on that paper. Nevertheless a strict reading would be that, if they are found to be involved in partisan activity, they'd have to be eradicated.
That partisans and their helpers, were executed, when apprehended is not what is in dispute.

It's discussed elsewhere:
viewtopic.php?p=18702#p18702
viewtopic.php?p=67646#p67646
viewtopic.php?p=35780#p35780

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Re: Befehl oder nicht Befehl

Postby Hektor » 4 years 7 months ago (Sat Oct 27, 2018 8:01 am)

Hektor wrote:
ClaudiaRothenbach wrote:Es war wieder Märchenstunde in DIE WELT:
http://www.welt.de/kultur/history/article13759672/Hitler-gab-nicht-den-Befehl-zum-Holocaust.html
... Bei einem Treffen mit Heinrich Himmler eine Woche später sei der eigentliche Befehl ergangen. Der SS-Chef vermerkte dazu in seinem Tageskalender: „Judenfrage / als Partisanen auszurotten“. .....


I guess it's about this document.
Image
The "as partisans to be eradicated" (als Partisanen auszurotten) seems to be a later addition on that paper. Nevertheless a strict reading would be that, if they are found to be involved in partisan activity, they'd have to be eradicated.
That partisans and their helpers, were executed, when apprehended is not what is in dispute.

It's discussed elsewhere:
viewtopic.php?p=18702#p18702
viewtopic.php?p=67646#p67646
viewtopic.php?p=35780#p35780

Hoppla, dachte es waer fuer das Englishe Forum.

Als Partisanen auszurotten - offensichtliche Bedeutung ist da, dass wenn Juden als Partisanen angetroffen wurden, diese auch exekutiert wurden. Genau das wird von Revisionisten ja auch nicht bestritten.


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